Trauer ist individuell – Alternative Trauermodelle im Vergleich
Das bekannte Modell der fünf Trauerphasen nach Kübler-Ross bietet eine Orientierung, doch es ist nicht für jeden Menschen passend. Trauer ist ein persönlicher Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird, wie der Beziehung zum Verstorbenen, der eigenen Lebenssituation und kulturellen Hintergründen.
Neben Kübler-Ross gibt es weitere wissenschaftliche Modelle, die unterschiedliche Trauerverläufe beschreiben:
1. Die vier Trauerphasen nach Verena Kast
Dieses Modell basiert auf der Arbeit von Kübler-Ross, beschreibt aber den Trauerprozess in vier dynamischen Phasen:
- Nicht-wahrhaben-Wollen – Der Verlust wird zunächst geleugnet.
- Aufbrechende Emotionen – Intensive Gefühle wie Wut und Schmerz treten auf.
- Suchen und Sich-Trennen – Der Verstorbene wird innerlich „gesucht“ und langsam losgelassen.
- Neuer Selbst- und Weltbezug – Ein neuer Lebensabschnitt beginnt.
Unterschied zu Kübler-Ross: Stärkerer Fokus auf emotionale Verarbeitung und inneres „Suchen“ nach dem Verstorbenen.
2. Das Modell der „Traueraufgaben“ nach William Worden
Dieses Modell geht davon aus, dass Trauernde aktiv vier „Aufgaben“ bewältigen müssen, um mit dem Verlust zu leben:
- Den Verlust als Realität akzeptieren
- Die Trauer durchleben und verarbeiten
- Sich an eine Welt ohne die verstorbene Person anpassen
- Eine neue, innere Verbindung zum Verstorbenen finden und weiterleben
Unterschied zu Kübler-Ross: Trauer ist hier kein passives Geschehen, sondern ein aktiver Bewältigungsprozess, der bewusst gestaltet werden kann.
3. Trauer als Wellenbewegung statt als feste Phasen
Viele Trauerbegleiter:innen betonen, dass Trauer keine lineare Entwicklung durch feste Phasen ist, sondern sich wie Wellen bewegt:
- Manche Tage sind leichter, andere schwerer.
- Emotionen können unerwartet wiederkommen, auch nach langer Zeit.
- Erinnerungen und Jahrestage können Wellen der Trauer auslösen.
Unterschied zu Kübler-Ross: Kein festgelegtes Muster, sondern ein dynamischer und individueller Prozess.
Wie man sich selbst oder andere in der Trauer unterstützt
Trauer ist ein tiefgehender, individueller Prozess, der Zeit braucht. Egal, ob Sie selbst betroffen sind oder jemanden unterstützen möchten – es gibt einfühlsame Wege, mit der Trauer umzugehen.
Selbstfürsorge: Wie man sich selbst in der Trauer unterstützt
Nach einem Verlust fühlen sich viele Menschen überfordert oder kraftlos. Wichtig ist, sich selbst mit Geduld und Mitgefühl zu begegnen.
Praktische Tipps zur Selbsthilfe:
- Erlauben Sie sich, zu trauern – Unterdrückte Gefühle können den Prozess verlängern.
- Suchen Sie den Austausch mit anderen – Familie, Freunde oder Selbsthilfegruppen können Trost spenden.
- Finden Sie eine persönliche Form des Gedenkens – Rituale wie Kerzen anzünden oder ein Erinnerungsbuch helfen bei der Verarbeitung.
- Behalten Sie eine gewisse Struktur im Alltag – Feste Routinen geben Halt, auch wenn vieles anders erscheint.
- Achten Sie auf Ihre Gesundheit – Schlaf, Ernährung und Bewegung sind wichtig für das emotionale Gleichgewicht.
- Holen Sie sich professionelle Hilfe, wenn nötig – Bei anhaltender Trauer kann eine Trauerbegleitung oder Therapie hilfreich sein.
Wie man anderen in der Trauer hilft
Wenn jemand im Umfeld trauert, fühlen sich viele unsicher: Was soll ich sagen? Wie kann ich helfen? Oft zählt schon das einfache Dasein mehr als große Worte.
Do’s – Was hilft wirklich?
Zuhören und da sein – Man muss nicht immer eine Lösung haben, aber Mitgefühl zeigen.
Ehrliche Anteilnahme ausdrücken – Ein einfaches „Es tut mir leid für deinen Verlust“ reicht oft schon.
Praktische Hilfe anbieten – Unterstützung im Haushalt, bei Erledigungen oder der Organisation der Bestattung kann eine große Entlastung sein.
Trauernde nicht zur „Normalität“ drängen – Jeder trauert in seinem eigenen Tempo.
Don’ts – Was sollte man vermeiden?
Floskeln wie „Zeit heilt alle Wunden“ oder „Er/Sie ist an einem besseren Ort“ – Diese können schmerzhaft oder unangebracht wirken.
Themen wechseln oder Trauer ignorieren – Das signalisiert, dass die Gefühle nicht ernst genommen werden.
Druck ausüben – „Du musst jetzt mal loslassen“ ist kein hilfreicher Ratschlag.
(Hinweis: Wir bieten selbst keine direkte Trauerbegleitung oder Trauertherapie an. Bitte wenden Sie sich hierfür an psychologische Fachkräfte, Trauerbegleiter oder andere spezialisierte Stellen.)